Meet-Up bei der re:publica 2021: Losing Autonomy in Lockdown?
Mit einem Meet-Up bei der re:publica 2021 am 21. Mai lieferte das Digital Autonomy Hub Impulse und Raum für Diskussionen zur veränderten Selbstbestimmung über Daten im COVID-19-Digitalisierungsschub. Fabio Chiusi (AlgorithmWatch) und Jutta Croll (Stiftung digitale Chancen) führten mit kurzen Impulsvorträgen zu digitalen Impfpässen und das Recht von Kindern auf Privatsphäre in die gemeinsame Diskussion mit den Teilnehmer·innen ein.
Fabio Chiusi verdeutlichte, dass im Bezug auf digitale Impfpässe sowohl virologische und technische als auch demokratische Fragen zu beachten seien. Hinsichtlich des Datenschutzes sei auch zu fragen, ob alle Daten, die derzeit als erforderlich gelten, beispielsweise das Geburtsdatum, tatsächlich notwendig sind. Er kritisierte einen technologischen Solutionismus: Um als liberale demokratische Gesellschaft Technologie sinnvoll zu nutzen, brauche es Aushandlungen über gemeinsame Werte und besonnene Argumente – nicht nur Algorithmen.
Jutta Croll betonte, dass Kinder bereits ihr ganzes Leben in einer digitalisierten Welt lebten. In einer repräsentativen Umfrage unter 700 Kindern und Jugendlichen weltweit zeigte sich, dass sich bereits 13-Jährige des digitalen Trackings sehr bewusst sind. Kinder und Jugendliche wünschen sich mehr Privatheit, insbesondere weniger Überwachung durch kommerzielle Unternehmen und durch Eltern. Um das Recht von Kindern auf Privatheit zu verwirklichen, wie es international festgeschrieben ist, brauche es sowohl Medienkompetenz als auch gesetzliche Vorschriften.
In der anschließenden Diskussion tauschten sich die Teilnehmenden besonders über diskriminierende Effekte im COVID-19-Digitalisierungsschub aus. So bedeuten beispielsweise digitale Impfpässe Autonomie für ihre Inhaber·innen. Kindern sei es aufgrund ihres Alters gesetzlich jedoch nicht erlaubt, einen solchen digitalen Nachweis oder eine Kontaktnachverfolgungs-App zu besitzen. Zudem ist derzeit keine Impfung für Kinder freigegeben. Ein Gleichgewicht sei schwer zu finden; es gibt zahlreiche Trade-offs bei den Themen Impffreiheit oder Impfpflicht, Impfreihenfolge sowie potentiellen Datenpannen und Datenmissbrauch. Darüber hinaus wurde die international ungleiche Verteilung von Impfstoffen angesprochen. All diese Fragen gelte es gesellschaftlich zu diskutieren.
Die re:publica Berlin ist die nach eigenen Angaben größte Konferenz zu den Themen Internet und digitale Gesellschaft in Europa. Vom 20.-22. Mai 2021 fand die re:publica unter dem Motto „In The Mean Time” als Online-Konferenz statt. Das Meet-Up des Digital Autonomy Hubs war Teil des dezentralen und frei zugänglichen Off stage-Programms der re:publica 2021.
